Beschreibung
Es war in aller Munde, das Buch des amerikanischen Schriftstellers, Sohn pakistanischer Einwanderer. Abgeschreckt hat mich zunächst, dass auf den Umschlag der deutschen Ausgabe (hier abgebildet ist der amerikanische Umschlag) gedruckt ein Quote von Daniel Kehlmann zu lesen ist, in ebenso grosser Ausführung wie die Titelei. Grauenhaft. Dann der Hype um den Roman, mehr oder weniger kritiklos. Jetzt habe ich den Roman also doch noch gelesen. Mir war nach zeitgenössischer politischer Literatur, von der es in der Schweiz ja nur wenig gibt, Urs Zürchers Romane »Der Innerschweizer« und »Überwintern« sind Ausnahmen. Also habe ich gelesen, Akhtars Roman, in nullkommanichts verschlungen. Und bin um ein paar Perspektiven auf die Welt (Gesellschaft, Wirtschaft, Politik …) reicher geworden. Zumindest was die west-östliche Welt betrifft, die eine im Dreieck von Judentum – Islam und Christentum ist. Das Buch gibt aber einiges mehr her: der Pulitzerpreisträger ist ein gewiefter Schreiber: Er weiss, wie er sein Publikum packen kann, sodass sie nicht mehr mit Lesen aufhören. Er weiss vieles über Creative Writing und lässt sich darüber auch aus, lässt uns teilhaben, in welche Joppe gekleidet Literatur daherkommen muss, damit sie gelesen und ernstgenommen wird. Natürlich muss der Autor etwas zu sagen haben und Akhtar hat viel zu sagen. Allein das ist die Lektüre nicht nur wert, sondern macht sie auch zu einem Erlebnis, bei dem einem die Augen auf- undmanchmal gar übergehen. Was wusste ich schon über Pakistan, über Indien, über die vielen Konflikte in der innermuslimischen Welt? Was ist das Erbe der britischen Kolonialmacht? Aufstieg und Fall von Menschen wie Trump, Weinstein und Konsorten, wie lassen sie sich erklären? Die Rolle der Medien, brillant analysiert vom Autor. Was kann und darf und sollte Literatur in diesen Tagen? Woran krankt das literarische Schaffen in unserer Zeit? »Homeland Elegien« ist nicht zuletzt eine fulminant und immer wieder witzig erzählte Familiengeschichte, ein komödiantisches Drama um Schuld & Bühne. – Wenn da nur nicht dieser machistisch-patriarchale Grundton wäre, der das grossartige Buch durchzieht: Ayad Akhtar, der aus einer solcherart geprägten Kultur und Tradition stammt, über eine entsprechend identische (in Amerika) schreibt, in einer, diesen Welten abgeguckten Sprache. Die Frau kommt nur als Sideline vor, ist Heilige (Mutter) und Hure (Freundin und Geliebte); wo die Frau als intellektuelle auftritt (Literaturwissenschaftlerin), ist sie lesbisch etc. etc. – Wie kann es sein, dass im gesamten Hype um dieses eindrückliche Buch diese Aspekte nie ein Thema waren? – Ich muss das hier erwähnen, weil ich nur dann glaubwürdig bin und versichern kann: Die Lektüre ist trotzdem grossartig. Meine Leseempfehlung auf alle Fälle, die habt ihr. – Das Buch haben wir, wie viele andere, auch auf Englisch im Sortiment.