Anatoli Pristawkin

schlief ein goldnes wölkchen

Verlag: Aufbau
Jahr: 2021
ISBN: 978-3-351-03821-2
Weiteres: 318 Seiten

CHF30.90


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Beschreibung

Vergriffen!
Mein erstes »bestes« Buch des Jahres 2022. Vorweg: Wenig hat gefehlt und ich hätte wohl eines der bewegend(st)en Bücher des vergangenen Jahres verpasst (wie leider viele andere auch). Dann fiel mir, en passant, der wohlgestalte Umschlag auf, der Titel verströmte seinen Zauber, ich begann zu lesen … und die Träne, die ich ganz am Schluss vergossen habe, war nicht nur der Geschichte geschuldet, sondern Ausdruck des Glücks darüber, dass dieses Buch zu mir gefunden hatte. Anatoli Pristawkin (1931-2008) schrieb mit diesem (autobiographischen) Roman, der 1988 (noch zensuriert) erschien, eines der grossen Bücher der Weltliteratur. Schrieb mit den Kusmin-Zwillingen zwei kleine Helden, stellvertretend für tausende von Waisenkindern, die in tausenden von Waisenheimen in der Sowjetunion lebten, starben, überlebten. 1944 spielt die Geschichte, in der erzählt wird, wie Saschka und Kolka und 500 weitere Waisenkinder in den Kaukasus verschickt werden. Dominiert wird ihr Alltag vom omnipräsenten Hunger und im Hintergrund – dem Kampf der Tschetschenen gegen das brutale Regime der russischen Eindringlinge.
Der Titel ist eine Verszeile, dem Gedicht »Der Felsen« von Lermontow (1841-1841) entlehnt. Lieder und Gedichte aller Art und Gattung sind fast die einzige Nahrung, ein Brot die Traumhalluzination, die die halbwüchsigen Zwillinge zu einer ersten tollkühnen Aktion antreibt. Auf 300 Seiten erleben wir als Leserin, als Leser alles, was ein Stück Literatur bewirken kann, tauchen ein in Schrecken und Abscheu, lachen Tränen und erliegen dem kindlichen Optimismus der beiden, unschuldig schuldig. Mal episodisch, dann wieder von dunklem epischem Atem getragen lesen wir ein Buch, das, obwohl zeitlich und geographisch klar benannt und verortet, von zeitloser Gültigkeit und Schönheit ist.
Noch etwas: Lest dieses Buch! Alle. Frauen. Männer. In den Schulen auch. Dort am besten zusammen mit dem Tagebuch der Anne Frank.
Danke dem Aufbau Verlag, dass er dieses Buch »ausgegraben« hat.